Pseudowissenschaften in der Wissenschaftsgesellschaft
Ostern steht vor der Tür – nicht nur ein Fest für viele Religionsgemeinschaften, sondern auch die Zeit der wieder erstarkenden Sonne und damit der “Wiederauferstehung” und Fruchtbarkeit des Lebens in der Natur. Die damit verbundenen Beobachtungen haben seit je Erstaunen und Verwunderung bei den Menschen ausgelöst und sie zu allerlei Erklärungen veranlasst.
Die katholische Kirche hat über Jahrhunderte öffentlichkeitswirksame Hexenverbrennungen und Schauprozesse gegen “Andersgläubige” veranstaltet. Dies sicher nicht primär, um die Gläubigen vor “negativen Energien” zu schützen oder um die Aufklärung voranzubringen. Darüber hinaus hat gerade das Christentum zahlreiche Kulte (Sonnenkult, Druiden, Schamanen usw.) assimiliert. Daher ist es ihr selbst mit “Feuer und Schwert” nicht gelungen, den Aberglauben ganz auszurotten.
Erst seit etwa 200 Jahren wird die Natur wissenschaftlich erforscht und damit auch entmystifiziert.
Wissenschaftsgesellschaft
Die Errungenschaften der Gegenwart in Technik und Medizin wären ohne Naturwissenschaften nicht vorstellbar. Daher wird in der Wissenschaftsgesellschaft der Wissenschaft viel Vertrauen entgegengebracht, insbesondere ihrer Fähigkeit zur Objektivität und Selbstkontrolle.
Allerdings können Wissenschaftler dieses Vertrauen missbrauchen. Auch Laien können vorgeben, Wissenschaft zu betreiben bzw. sich einen wissenschaftlichen Anschein geben, um ihre Pseudo-Informationen wissenschaftlich klingen zu lassen. Die Schwierigkeit, diesen wissenschaftlichen Anschein zu durchschauen, besteht oft darin, dass man einschlägige Quellen und ihre “Fakten” nicht bewerten und einordnen kann, also in der Quellenkritik, weniger in einem Mangel an Information oder Recherchefähigkeit. Daher sind nach wie vor nicht alle restlos überzeugt, dass es nicht doch noch andere “Kräfte” gibt, die nur auserwählten Sehern, Heilern und Propheten und all jenen zugänglich sind, die diesen Personen (blind) vertrauen. Glaube, Meinungen und Wissen (vgl. Posting vom 11.9.2017) sind für sie gleichwertig, praktisch synonym.
Gerade die Heilsversprecher, Quacksalber und Verschwörungstheoretiker rechtfertigen ihren Standpunkt mit dem Vorurteil (das von ihren Anhängern geteilt wird), dass Wissenschafter auch nur eine Interessensgruppe seien, die ihre Forschungen und Erkenntnisse nur für ihre eigene Zwecke nütze. Wissenschaftliche Beweise werden heruntergespielt oder bis zur Unkenntlichkeit verballhornt, während die eigenen Theorien nicht kritisch hinterfragt werden dürfen und mitunter sogar auf geheimes oder göttliches Wissen zurückgeführt werden.
Nun muss man kein Wissenschaftler sein, um “wissenschaftliche” Informationen von pseudowissenschaftlichen Informationen, von Werbung (auch politische) und von Scharlatanerie unterscheiden zu können. Ganz ohne Allgemeinbildung geht es allerdings auch nicht in dieser informatisierten Welt. Diese Allgemeinbildung ist eine Holschuld jedes einzelnen und muss kontinuierlich weitergebildet werden.
Wissen (etwas zu wissen) ist eine intellektuelle Aktivität, die mit Fragen, Lernen und Hinterfragen verbunden ist (Critical Thinking). Wissenserwerb kann anstrengend, teuer, langwierig sein. Oft muss Wissen revidiert oder durch neues Wissen, neue Erkenntnisse ersetzt werden (Judgement).
Unwissen birgt Risiken, die die Kosten von Wissen bei weitem übersteigen können. Der kompetente Umgang mit Informationen, Medien und Informationstechnologien ist zweifellos ein großer Vorteil beim Wissenserwerb sowie bei der Minimierung von Risiken und von Kosten.
“Im Prinzip war Wissenschaft immer ein Kampf gegen Unwissenheit, Dummheit und Betrug und nur ein gut begründetes Wissen konnte über irreführende Informationen und Fake News siegen.” (Walther Umstätter, Open Password #319 vom 9. Februar 2018)
Pseudowissenschaften
In einer geplanten Serie von Blog-Beiträgen wollen wir uns den Pseudowissenschaften widmen. Dabei interessieren uns weniger die Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens, sondern vor allem esoterische Praktiken, die im Schatten der Wissenschaften gedeihen, und wie Informationskompetenz (kritisches Denken, Quellenkritik und Urteilsvermögen) vor den offensichtlichsten Abzockern schützt, deren Geschäftsmodell kommerzieller Betrug ist und auf die Unwissenheit und Gutgläubigkeit der Menschen baut.
Der Bogen wird von Alternativmedizin über Geomantie und Wasseradern bis zu Verschwörungstheorien gespannt. (Einen ersten Überblick über das weite Spektrum gibt die Esoterikmesse.)
Anregungen, Beiträge und Hinweise auf noch “geheimes” Wissen werden dankend entgegengenommen.